Rosacea-Patienten berichten aktuell von Schub-ähnlichen Symptomen durch das Tragen der Atemschutzmasken. Was raten Sie Patienten dazu?
Prof. Gerber: Besonders die mehr oder minder komplett abschließenden Masken können durch einen Hitzestau und die Feuchtigkeit, die unter der Maske entsteht, Rosacea triggern. Allerdings kann durch diese Einflüsse auf die Gesichtshaut auch ein weiteres Krankheitsbild ausgelöst werden: eine sogenannte periorale Dermatitis. Diese ähnelt in ihrem Erscheinungsbild zunächst einer Rosacea, hat aber andere Ursachen. Für Rosacea-Betroffene empfehlenswert sind Masken aus leichtem Baumwollstoff, die nicht ganz so fest sitzen und etwas Luft durchlassen. Zudem sollten die Masken gewechselt werden, wenn sie von der Atemluft durchfeuchtet sind. Am besten also immer 3 bis 4 Masken dabeihaben, wenn Sie diese auf der Arbeit für längere Zeit tragen müssen. Wer wiederverwendbare Stoffmasken nutzt, sollte diese nach einmaligen Tragen waschen. Verwenden Sie dabei milde Waschmittel, die möglichst frei von Duftstoffen sind.
Was können Patienten tun, um die maskenbedingten Rosacea-Symptome kurzfristig zu lindern?
Prof. Gerber: Sie können sich beispielsweise feuchte, leicht kühlende Kompressen auflegen, um die Hitze etwas aus der Haut zu kriegen. Wichtig ist vor allem, dass Sie die normale Therapie und Hautpflege fortführen, also nach wie vor morgens und/oder abends Ihre vom Hautarzt verordneten Medikamente auftragen sowie anschließend ihre reguläre sanfte Hautpflege. Zudem empfehle ich, in diesen Zeiten Zurückhaltung mit Make-up. Am besten verzichten Sie ganz darauf, denn es kann durchaus ein Trigger für die schon erwähnte periorale Dermatitis sein.
Was genau ist die periorale Dermatitis?
Prof. Gerber: Eine periorale Dermatitis (POD) steht der Rosacea in ihrem Erscheinungsbild recht nah. Sie entsteht durch falsche, in der Regel übermäßige Pflege der Haut oder durch zu starkes Schminken. Es kommt zu einer Verschiebung im Hautmikrobiom, in deren Folge sogenannte Seropapeln, also kleine Quaddeln mit Bläschen, auftreten. Diese, zusammen mit Rötungen, sehen der typischen Rosacea ähnlich. Gerade unter den Masken können leider auch Rosacea-Patienten zusätzlich eine POD entwickeln. Dies sollte aber auf jeden Fall von einem Hautarzt abgeklärt werden.
Viele Rosacea-Patienten haben schon ihren nächsten Besuch beim Hautarzt geplant. Können diese Termine ganz normal stattfinden bzw. was sollten Patienten beachten?
Prof. Gerber: Unsere Arztpraxis, und ich denke, damit spreche ich für die allermeisten Arztpraxen, hält sich an die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts. Maßnahmen wie Maskenpflicht für Praxispersonal und Patienten, Desinfektionsmittel am Eingang, Plexiglasschutz am Empfang etc. und mindestens 1,5 Meter Abstand zwischen den Stühlen im Wartebereich sind für uns selbstverständlich. Außerdem vergeben wir unsere Termine so, dass keine langen Wartezeiten entstehen. Ein Arztbesuch ist daher wahrscheinlich deutlich sicherer als Einkaufen im Supermarkt, vor allem weil unser Personal medizinisch geschult ist und wir stärkere Sicherheitsvorkehrungen haben. Meine Empfehlung daher: Patienten sollten an ihren bestehenden Hautarztterminen festhalten und können selbstverständlich auch jetzt neue Termine machen. Das gilt auch für Rosacea-Patienten, denn gerade jetzt ist es wichtig, dass die Therapie auch konsequent fortgeführt wird. Menschen aus der „Corona-Risikogruppe“, speziell Älteren sowie Personen mit Vorerkrankungen empfehle ich allerdings, kritisch abzuwägen, ob ein Arztbesuch wirklich notwendig ist. Für sie gilt nach wie vor die Empfehlung, so wenig Kontakt wie möglich zu anderen Menschen außerhalb des eigenen Haushalts zu haben, um eine Ansteckung zu vermeiden.
Empfehlen Sie Ihren Patienten ein Rosacea-Tagebuch zu führen?
Prof. Gerber: Die meisten meiner Patienten bekommen mit den modernen Rosacea-Medikamenten ihre Symptome gut in den Griff, sodass ich das Rosacea-Tagebuch nicht sehen muss. Aber wenn bei einem Patienten immer wieder Schübe auftreten – trotz Medikation, regelmäßigen Arztbesuchen und entsprechenden Therapieanpassungen – muss auf jeden Fall genau danach geschaut werden, welche Trigger die Rosacea auslösen. Dazu ist das Führen eines Rosacea-Tagebuchs absolut sinnvoll.
Durch die Ausgangsbeschränkungen verbringen viele von uns mehr Zeit auf Balkonen oder Terrassen. Was müssen Rosacea-Patienten hierbei besonders beachten?
Prof. Gerber: Auf Balkonen und Terrassen kann es, je nach Sonnenausrichtung, sehr warm werden, weil dort meist wenig Wind geht und sich die Hausmauern erhitzen. Rosacea-Patienten sollten das berücksichtigen, also am besten die Mittagshitze meiden, einen Sonnenschirm aufstellen und natürlich auch auf dem Balkon ein Sonnenschutzprodukt mit Lichtschutzfaktor 30-50+ auftragen, auch wenn man unter dem Schirm sitzt. In Parks ist es dagegen meist kühler, wenn es die lokalen Ausgangsbeschränkungen also zulassen, ist ein Spaziergang sicherlich eine gute Alternative für Rosacea-Betroffene.
Vielen Dank für das Gespräch und die vielen hilfreichen Tipps für unsere Leser, Herr Professor Gerber!